frieder, jenny

frieder und jenny lassen voneinander ab, sie sind erschöpft, es ist dienstag. was man eigentlich tun muss, um nicht auszufransen, um zu bestehen voreinander als... »person«? trainieren? nachdenken? das buch lesen, das auf der anrichte liegt seit februar? die dusche reparieren? das dasein mit d schreiben – statt gar nicht?

liebe macht müde, ich muss mir die zehennägel schneiden, denkt jenny und lenkt sich ab vom themenkreis »unstillbare sehnsucht« und »eine zukunft, die nicht klappt«. es sind so gedanken, in denen wir hängen wie zum beispiel obst im netz hängt, wenn wir es halten, weiß auch frieder, der gar nicht angesprochen ist, aber meistens weiß, was im raum steht, weil er es schweben sieht wie ein schläfriges, halb runtergefahrenes hologramm, auf das niemand reagiert: es schwebt lange, es wartet, es hat zärtlichkeit gelernt von seinen erfinderinnen, kann sie aber nur abrufen, wenn ein mensch kommt, der sie will.

frieder liest aus jennys fingern im haar, aus diesen meistens gleichen gesten: aufeinander reagieren wollen, aber nicht können. einander aufnehmen wollen, aber es funktioniert nicht. keine verbindung haben. »heute keine verbindung«. nie eine verbindung! so ein desaster.

frieder leckt über jennys schulter. es ist nicht wichtig, verzweifelt zu sein, sagt diese stumme zunge, bedenke das: es ist nicht wichtig, es richtet nichts aus, macht keinen unterschied. frieder ist ein lebenskluger feuchter fisch – und etwas warmes. er kann knöpfe annähen, er weiß dinge über teppiche, die keiner sonst weiß außer jedes internet. er tunkt jenny ein. er dreht sie wie einen eiffelturmanhänger in der hand hin und her, macht sie beweglicher, als sie ist. und sie? sie ist begriffsstutzig und weiß nicht, wie viel das bedeutet, wie viel das eigentlich wiegt (weil es »folgenschwer« ist, weil es als handlung ein stein ist, der rollen kann, und andere anstoßen). »UNDANKBAR« steht auf dem schweren glacé-vorhang vor jennys gesicht, der dort jetzt erscheint. jenny lässt die inneren hunde los und sie zerfetzen ihn in 30 sekunden. das ist fast keine zeit.