Auf hohem Niveau bewegen sich die Schäden: wie ich erfolgreich mein eigenes Management überlebe


I.
Können Sie ein Stichwort geben?

Ich lebe in meinem Beruf durchaus von der Annahme, dass das, woran ich arbeite, dass das auch beschreibbar ist.

Ein Beispiel?

Mich fragen zum Beispiel die Angestellten, also die Angestellte in der Kantine: Herr Kittfield, was ist das eigentlich, was sie da machen? Ich antworte da zunächst und zumeist: nichts, was ich tue, kann je so gut sein, wie der doppelte Vanille-Latte, den Sie machen. – Sie kennen den Effekt: das Glück wird potenziert. – Die Dame aus der Kantine hat noch am selben Abend eine Photocollage mit den 10 besten Momenten ihrer Ehe gebastelt, für ihren Mann. In meiner Position kann, und muss man: auch an andere denken. Ich – gerade auch ich – bin mir selbst noch nie genug gewesen.

Hatten Sie je Zweifel an Ihren Möglichkeiten, Sie verstehen: Zweifel an Ihrem Talent, Ihren Fähigkeiten?

Wir sind doch alle aufgewachsen mit dem Gewissen unserer Eltern. – Und ich habe auch stets daran erinnert, dass: erstens die Realität keine Wüste, und zweitens: Gott unsre Erfindung ist. Insofern können Sie daraus einiges ableiten. – Sagen wir: die ganze Trümmerliteratur: die hat einfach nicht weit genug gegriffen.
Das Reaktionäre war total übertüncht. Deswegen haben wir die Filme aus Amerika dann ja auch genossen: wir haben gewusst, dass es so nicht ist. Aber trotzdem haben wir uns erbaut gefühlt, was eben nicht dasselbe ist, wie: getäuscht oder, sagen wir: unterhalten.

Ihr Resümee?

Ich habe in dreißig Jahren etwas aufgebaut, was ohne weiteres in sechs bis zwölf Stunden völlig vernichtet werden kann, ja, wenn Sie das so sehen wollen, dann haben Sie recht. Die Zeit steht da in keinem Verhältnis mehr, zu sich selbst. Wenn wir annehmen, dass sich in dreißig Jahren relativ viel Chaos ansammelt, dann müssen wir davon ausgehen, dass das eigentlich nur mehr von einer Art Blitz, ja, von einer Hand von oben, sozusagen, gerichtet werden kann. Also: die verschiedenen Schaltstellen des Ganzen sind auch anfällig. Wenn man also an einer Stelle ein Kabel durchschneidet, heißt das eigentlich noch lange nicht, dass alles andere auch den Bach runtergeht, weil: die Verschaltung untereinander nicht perfekt ist, eben: chaotisch auch, was aber bisher dreißig Jahre lang konsequent dazu beigetragen hat, dass alles perfekt funktioniert hat, im Großen und Ganzen.

Was kann Sie beruhigen?

Ich war in den Achtzigern oft im Osten. Wir waren in Leipzig usw., Messen, Kontakte machen, usw. Und wir hatten die guten Hotels, wo eben auch nur die Kollegen abgestiegen sind. Und selbstverständlich sind einem da die Frauen auch aufs Zimmer gebracht worden: der Punkt ist der: die Laune war gut, damals. Man hat natürlich nicht wissen können: wird man hier einfach nur gut bedient, oder abgehört usw., aber klar war: geklaut haben die einem nie was, nie. Davon kann man heute nicht mehr ausgehen. Die Dienstleistungen haben sich in ganz andere Richtungen entwickelt. Ich kann mich, um auf Ihre Frage zurückzukommen, eigentlich nur beruhigen, wenn ich mich an die guten Sachen erinnere, die guten Leute. Nachdenklich kann man schon werden, wenn man sich insgeheim, am Ergometer, sonntags auch, oft, also wenn man sich da an die großen Coups erinnert, die eben so nur früher möglich waren.


II.
Meinen Weg im Management habe ich konsequent als Frau gemacht. In den 90ern, muss man sagen, waren da die Möglichkeiten nicht rosig. Motto: von rechts überholen und nicht lange fackeln, sozusagen. Immer auch mehr leisten, immer auch schneller sein, und vor allem eben als Frau eine gewisse Cleverness an den Tag legen. Quasi: männlicher sein, aber eben die Coolness nicht übertreiben.

/In zehn Jahren wird sie ihr erstes Buch vorgelegt haben: Cleverness statt underdressed: gehen Sie nicht zu weit, machen Sie sich breit! /

Die Spielchen werden überall gespielt. Man muss sich da nichts vormachen. Die Quote ist scheinheilig, wir kommen so ja aus den Kämpfen nicht raus. Tatsache ist: dass wir vom Affen abstammen.

/Die Kantinenchefin ist seit gut einem halben Jahr in Therapie. Den Mokka hat sie in zwanzig Sekunden./

Es ist ja nicht nur die Fassade im Beruf. Das ganze geht ja auch aufs Private über: man muss sich schon auch blicken lassen, in der Oper beispielsweise. Also mit nine to five läuft da gar nichts mehr.