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wir hörten von spontaner heilung, von schamanismus und kapital. ein kluger mensch erzählte uns von der empfindsamkeit (als historischem begriff), später von der linie und ihrer eigenen geschichte. es klang exotisch. maria sprach über projekte, über kunst am bau, über das initiieren und tun. wir mochten ihre gewissenhafte art. /

wir lernten alles über mode, über frauen in hosen, über schnittmuster als politik. man gab uns papiere in die hand, texte und dateien. wir lasen bücher über das versuchen: essayer, hieß es darin: verwerfen, beginnen, aufgeben, nicht-aufgeben, es gut-sein-lassen. das nichts-tun als einsatz im spiel verstehen, als handeln (wie ginge das?). 

langsam geriet uns alles durcheinander, wir wussten es. in gesprächen sagten wir „vernunft“, sagten wechselseitiges verhältnis, reisewut und klassenkampf. sagten: „die kritik einkassieren“, verwüstete landschaften, mein blühendes geheimnis – und deins. 

maria wollte uns anhalten grenzen zu setzen, die geltungsbereiche dieser theorien zu bestimmen, die wir lasen, zu definieren, wo sie zu gelten hätten, und wo nicht: damit sie nicht überschwappen könnten, sagte sie, nicht über die ufer treten; denn diese wellen, sie würden uns mitnehmen, durchspühlen, uns maßlos zurücklassen auch – ganz ergeben einer dogmatik. sie wittere gefahr. sehe das so. und sage es. kein grund aber zur sorge, schloss sie launig an: sie werde buchstabieren, lehren, zeigen und unterweisen uns: in der unterscheidungskunst. 

wir versagten uns eine antwort darauf, hielten höflich zurück diesen reflex. maria schloss uns in die arme und war selig dabei. wir mochten, jetzt wussten wir's genau, ihre gewissenhafte art.