Neue Figur: Muriel - Frau mit Verstand - und doch charmant! - III



Muriel verrichtet Arbeit an ihrer Vergangenheit,
lässt sich aber auf nichts ein
Ob sich die Laune heute noch nach den Verhältnissen richtet? – Die traditionelle Frau von früher, wie sie in ihren Samthandschuhen dasteht, gibt nie klein bei.

Wessen Unterhalt du zahlst? Und welche Ernährung du dir vorstellst, für deine Nachkommen?

Sondergleichen auch: ihr (Muriels) Unverständnis: eure belanglose Erzählung, über die Verhältnisse, die ist mir unverständlich, wenn ich mir anseh’, wie ihr euch in Schale schmeißt, eigentlich; eure verzwickte Mittelmäßigkeit, die hätte euch ein Anstoß sein können, oder eure Zurückhaltung, wenn ihr wieder nur ganz sachte die Fragen stellt, aber...

Muriel, sie ist die schickste Figur seit der Erfindung des Samthandschuhs. Ist in den besten Jahren - und kommt einem vor als hätt’ sie selbst die noch vor sich. Mutter keiner Kinder, das war (auch) ihr Vorzug.

Postwendend ist ihr die Geschichte ihrer ganzen Liebschaften auf den Tisch gelegt worden: eine Ansichtskarte aus dem kalten, kalten Kriegsrussland, anno 1975 – und "wie du mich hast stehen lassen, auf einem internationalen Flughafen". Muriel muss das auf die leichte Schulter nehmen: in der Schublade liegen noch die andern Briefe von früher; wenn jemand meinen Nachlass verwalten will, dann bitte auf die stilvolle Art, sagt Muriel, nur die Sachen aus den ganzen Schubladen nehmen, aber bitte nicht immer alles dazudichten.
Wie der klassische Abschied sich sonst gestalten soll, wenn nicht am internationalen Flughafen, wenn nicht dort die Wege sich trennen, ja wo denn... - Muriel hat gesagt: sie ginge noch eine Armbanduhr kaufen, für den Bruder, und ist nicht mehr wiedergekommen. Nach Moskau war der Weg dann ein einsamer, für den Kartenschreiber; und wenn er sich auch auf den Kreml noch immer hat freuen können, die Luft war doch irgendwie raus.

Die Armbanduhr war so echt, wie der Bruder falsch war; und Muriel hat die Zeitnehmung für sich entdeckt.

Frankfurt: man muss sich ja auch von der Angst freikaufen, wenn an jeder Ecke ein Terroristenbild hängt: und Muriel hat sich an den wilden Westen erinnert, aus den Filmen, die sie nie gesehen hat.
Ein Suchbild war auch auf dem Weg nach Moskau im Portemonnaie – Muriel hat sich dafür in eine Waldlichtung platziert; der Verflossene hat noch abdrücken können, bevor ihr das Lächeln liegengeblieben ist; und dann geht das Bild aus der Natur mit in den Kreml; im Portemonnaie war Muriel eine verlässliche Investition.