TANJA

 

1. Bild
A. & ich, versammelt um diesen sog. hochzeitsbogen: gleich kommt die truppe durch  

 
2. Bild
A. und ich, wie wir uns nach der zeremonie erstmal recht hübsch in form bringen, mit sprudel. //
A. übernimmt alle unsere unterhaltungen – sie ist höflich.

die jugendlichen, die die cateringfirma in enge hosen & enge hemden gesteckt hat, führen die zarteste haut vor (APFELROSÉ); die art von haut, die man mit kleinen fiesen vogelschnäbeln stechen, piesacken möchte:
da ist er, na schau mal, na guck mal genau / das vögelchen jugend fliegt feige vor--  | ich war betrunken.

Tanja steht als der dumpf-eierschalenfarbene schneeball, der sie ist, in der gegend: in baumwolle elastan samt seide (sowas) tüll tüll spitze tüll silberglitzer perlen pailletten im unterrock, im elend der frauen der welt. – da finde ich sie plötzlich schön. auch dafür schämt sich niemand.


3. Bild
wir stehen rum und trinken. manchmal sagt eine einen witz auf, A. lacht dann, ich verschwinde dauernd auf die toilette, wo sich alle ständig schminken, an sich zupfen, andere an sich zupfen lassen. – noch 3 stunden, dann haben alle einander u. vice versa u. überhaupt: schöngetrunken, denke ich & sage das A., die darauf nur ganz ganz ganz milde mit der einen gesichtshälfte lächelt, mit der anderen nämlich total im raum ist, in diesem pfirsichfarbenen dekor, total auf dieser feier, immer so präsent, immer so auf alles achtend --- so, wie ich sie superentzückend finde u. unerträglich zugleich –

ich frage A. unausgesetzt: wie lang wie lang wie lange noch müssen wir hierbleiben, wann können wir endlich gehn, wann gehn wir nachhause wann ? und ich weiß, dass A. ziemlich genau weiß, wie lange wir noch bleiben müssen, deswegen frage ich sie ja auch, bloß zwitschert sie mir nur zu, macht irgendwelche – doch auch – unpassenden tiergeräusche (glaube ich), will mich damit recht schamlos ablenken, und -- irgendwann gelingt ihr das dann.

ich tanze mit einer, die eine hutkreation trägt; sie sagt mir das, während meine hand auf ihrer hüfte liegt. sie ist mager, man spürt das unmittelbar; der körper kühl. ich bewege die hand vielleicht einmal zu viel (ja ?) hin&her, da fährt sie sich durchs haar, so als würde sie sich eigentlich grade räuspern (wollen). es ist mies u. öde: meine hand an der hüfte, ihre auf der kopfseite, auf der das hütchen nicht ist (es ist clownesk). ich löse diese verkrampfung u. gehe, & sie geht auch, geht zurück an ihren tisch (den tisch mit ihrem namenskärtchen), wo viele heilsame idiotische verprügelte worte uns alle benebeln -- auch dann, wenn wir sie grade nicht hören --- wow.

A. lacht einem zu, den ich schon lange nicht leiden kann, u. ich bin für eine sekunde fast eifersüchtig auf irgend-so-eine aufbrausende art, die ich schon glaubte gar nicht mehr nachspielen zu können, --- aber dann ist sie eben doch da, war sie da, für sogar 3 sekunden, der blutdruck (ja ?) ebbt jedenfalls schon wieder ab, zurück auf der unter null-skala, bisschen aggressiv-neutral. --  wir, A. & ich, sehn uns wieder an, ich denke dabei gleich mal an sie, wie sie ein nachthemdchen trägt, das klein & winzig ist, eben wirklich ein hemdchen, und dazu ein paar kleine mottenlöcher hat an schönen stellen, u. ich denke daran, wie sie damit auf den zehenspitzen posiert, also wirklich wie ein tanzbär, das tat sie nur einmal u. nur für mich, was mich auf ziemlich doofe art stolz machte, so stolz wie jetzt noch mal, wenn ich dran denke (oh ja das stimmte). --- A. greift zu ihrer sektflöte, dann zum wasserglas, dann wird ihr die zigarette angezündet, -- einen augenaufschlag lang brauchen wir bloß, um einander hier das feuer anzubieten, --- sie raucht so schön wie sie ist.

Tanja kommt vorbei u. erzählt irgendwas über ihre fersen, ihre ballen, die zehen, die schuhe, das sich versteckende, sich zurückgezogen habende hühnerauge, darüber, dass das alles schmerzt ---  ich gehe.

auf dem 10. weg zur toilette berührt mich einer an der seite wie gewollt-zufällig im vorbeigehen, ich drehe den kopf zurück, da ist er schon um die ecke – weg & abgebogen; dabei der cordanzug so gar nicht ausgetragen, sondern schön weich beim ansehen, vielleicht mehr schon samten, jedenfalls weich weich besonders weich -  - - ich bin betrunken, der anzug sehe sonst nicht so aus –

in den spiegel mache ich diese eine grimasse u. jemand lacht dazu, denn es geht das gerücht, ich täte das for fun. ------- // zurück im saal kann ich die musik nicht leiden, beginne aber trotzdem, irgendwas zu tanzen, dabei immer mit der fixen idee, bloß der einen mit dem hut nicht zu begegnen (das denkt sie doch auch jetzt grade -), & wir sehn einander auch nicht, weil die augenlider ohnehin drauf sind, auf den augen --- da muss man den schwindel bisschen verteidigen, bisschen locker machen, bisschen schwindel auf der hochzeit, die man ---

A. sieht mir zu (erzählt sie mir später), wie ich mich im oval drehe

ich denke an den rothaarigen, der mir eine vorspeise serviert hat, mit stoppeligem bart
an die leute, die hinter einer stehen, wenn sie erklären, was man isst
die eine, die das große auto vorgefahren hat
jemanden, der für die eiswürfel sorgt, gesorgt hat
eine, die viele telefonate geführt hat (dabei immer nett war, jedes mal)
an einen, der mich nie kennenlernen wird
an die vielen, die morgen den ganzen mist von hier wegschaffen werden ----- //

jetzt kommt doch noch ein lied, das ich mag, u. A. sieht mir dabei zu, wie ich die erinnerung daran noch mal in den kopf kriege, & sie lächelt ganz bestimmt, das tut sie meistens, --- und nur manchmal, ziemlich selten, lässt sie mich dabei zusehn, wie sie das nicht tut & vielleicht sogar: flucht.  |  das lied ist aus den 90ern u. kommt mir nach dem zweiten refrain gar nicht mehr so toll vor. ---

A. flüstert mir was verbotenes ins linke öhrchen, da nimmt sie schon meinen ganzen körper u. dreht ihn dahin, wo sie eben grade will -----
ahja, ich glaube, so läuft das, wir tanzen zusammen auf einer hochzeit