dienstag, 17. märz 2020, 18:35


liebe kleingeistler,

wir sind die schimmelspore rechts überm lokus, der silberfisch im urinal. wir sind der taubenflug, den kein erdling sieht; und der gehörsturz, wenn er passiert: am andern ende der leitung.

wir sind weniger, als wir glauben.

die vernunftreligion, die wir uns gaben, hinkt dem dasein als ganzes hinterher: wer sie noch auslegt und kommentiert, wird verlacht wie greise, die’s nicht lassen können: sich die nippel zu piercen. –

dass meine briefe einige monate lang aussetzten, dass alldieweil kein einziges schreiben eure heimstatt erreichte: dessen grämt euch nicht! und wenn doch, so greift auf die heiße herdplatte und lindert den seelischen schmerz. ihr wisst, dass keine entschuldigung, keine erklärung euch trösten wird: ihr seid ihr und ich bin nicht-ihr.

wenn die pflanzen zu mir tanzten (hin zur mir!), geriet ich in aufruhr. wenn die wände sich sanft öffneten, wie schamlippen sich bewegten, die unsinn reden, blieb ich aufmerksam. – ich reagiere eben, wie ich reagiere. – ob diese reaktionen registriert werden? gar nicht oder kaum? ob hinter den schweren vorhängen, nein, in ihnen wanzen wohnen? technische spitzel oder technische tiere? – und: wäre ich nicht allein, änderte ich denn mein verhalten? –

befragen mich die tage, ob ich keusch bin oder leichtgläubig, kritzle ich die antwort auf ein ausgewaschenes negligé, das ich einem one-night-stand aus dem badezimmer stahl. neunzehnhundertzweiundachtzig.

ob das eine schöne erinnung sein kann, fragt ihr?
ob ich den diebstahl aus zuneigung beging oder aus schierem eigensinn, wollt ihr wissen?

ich war 1982 ein anderer.

werdet doch auch endlich euer sonnengebräuntes, aktuelles selbst!
(und beherzigt im herzen: ich kann euch nicht regieren)

verlegt nicht die fähigkeiten, die kostbar sind, wie kleine zettel und schlüssel und flusen: eines tages tauchen sie nicht mehr auf!

nehmt diesen rat als einzig mögliche tat
eures
absatzbringers,

richie