samstag, 21. märz 2020, 9:30


liebe sachzwängler,

wir sind dem dasein preisgegeben: und es trifft uns in voller härte. wer sind wir, wenn wir denkfaul und konventionell diesem schicksal entgegenschlafen, oder seriös und betroffen? WER SIND WIR DANN? spinnen wir denn am faden, der dareinst den teppich unseres lebens bilden wird, oder knabbern wir nur engstirnig am harten brot unserer tage? –
wir lassen uns gehen! wir tragen nichts bei! wir schwimmen teilnahmslos oben!, doch bloß weil uns eine unschuldige luft einen auftrieb gibt: den auftrieb der undankbaren, derer, die ihn nicht verdienen.
eines tages, so ließe sich diese rechnung zuende rechnen, eines tages wird der humus in uns die lebenden zellen überwuchert haben. wir werden sterben, wir entstehen neu. wir stürben und entstünden neu! freilich: auf diesen tag können wir nicht rechnen, nicht hoffen, nicht uns beziehen in unseren kargen gedanken – wir erreichen ihn, mit unseren kapazitäten, nicht.

am pool liegend sah ich in den badehosenschlitz eines anderen. keine welt ging auf.
in die küche schlich ich, um zu sehen, woher der gestank kam: es offenbarte sich nichts.
in den keller ging ich, um drogen zu nehmen – in der ruhe und privatheit, die sich dafür schickt. auch hier kam ich zu nichts: jedwede wahrnehmung stumpfte mich ab. ich verließ mich, nein, ich musste mich verlassen auf: die selbstbeobachtung, aus der ich schöpfe. – »es lebt der strauß, der dino starb aus.« an diese initialüberlegung knüpfte ich meine analysen.

es entstand daraus ein fünf-akter, der den kampf der geschlechter zum thema hat – vor der kulisse einer saunalandschaft des späten 21. jahrhunderts: statt enger holzkabinen wird man dareinst alle räume, die die welt kennt, in saunaräumen repräsentiert sehen. alle figuren in diesem stück sind nackt und sitzen schwitzend in großraumbüros, in tiergehegen, in opernhäusern, in kapselhotels, in schlafsälen, in wüsten, am klo. der effekt ist viel kleiner, ja winziger, als man denkt. worum es sich handelt, ist ein plausibles, wohlfeiles verkaufsargument. der markt für kecke fünf-akter ist, ihr ahnt es, überlaufen: es tummeln sich dort greise und jünglinge, eunuchen und schwesternschüler, kindeskinder, gören, politikerinnen, schriftsteller. die konkurrenz ist groß. man muss einen unterschied machen. darob die saunaidee als klatschnasse metapher für unser leben der zukunft: schweiß allüberall, die haut als wichtigstes organ eines metabolismus von innen nach außen, nachdem uns der kreislauf des seelischen innenlebens abhandengekommen ist, und wir zwangsläufig tiere werden, roboter, kaffeemaschinen, apparate. schwitzen als bild schließlich für eine reinigung, bei der wir so glitschig werden, dass wir erst recht wieder aneinander abrutschen. die geschlechter gleiten ab. ein zeitalter wird besichtigt. den rest könnt ihr euch zusammenreimen. wenn nicht, so lest es doch in den kritiken nach, die da kommen werden. sucht sie schon bald unter dem stücktitel: »vergewissert euch nicht! – es ist glitschig«

genug nicht gesagt,
nicht: »genug sagt«,
weiß:

euer pflichtbewusstler,

ricardo