Internationale Menschen berichten: auch Menschen wollen gefühlt werden! / Ansätze einer Affektenlehre (fundamental!)


Viele der Songs sind aus den 60er und 70er Jahren, und wenn ich dich so reden höre, scheint es mir, dass dich die Hippie-Zeit sehr beeinflusst hat. Ist dein Denkschema von den Idealen dieser Zeit geprägt?
Das weiß ich nicht. Wir Menschen sind geprägt von so vielen Dingen, vielleicht sogar von 1.000 Leben noch davor. Was mich aber nicht besonders interessiert, weil ich habe dieses Leben. Meine Energie geht nicht dahin, das zu ergründen, sondern für mich ist wichtig, was passiert jetzt, hier, in diesem Moment. Das ist meine Aufgabe, die ich mir für dieses Leben stelle. Ich will diesen Moment erleben und mich nicht damit befassen, was mich geprägt hat. Das kriege ich ja sowieso zu spüren. Ich möchte lieber gucken, wo geht's für mich weiter, wo kann ich diese Prägung loslassen, um woanders wieder weiterzugehen.
Um sie loszulassen, muss man sie ja erkennen.
Ja, man muss sie konfrontieren. [sic!] Und das passiert dir im Leben automatisch. Das bringt das Leben mit sich. Du bist ständig konfrontiert mit den Sachen, die dich geprägt haben, die dich irgendwo festhalten.
Ist es dann nicht unlogisch, zu sagen: Das interessiert mich nicht, woher diese Prägungen kommen?
Ja, das ist für dich unlogisch, für mich überhaupt nicht. Gar nicht. Das ist meine Logik.
Einerseits will man diese Prägung überwinden...
Ich will nicht alles überwinden, das habe ich nicht gesagt.
Nein, aber ... das hast du gerade gesagt: Es geht darum, gewisse Sachen zu überwinden.
Ja, aber nicht alles. Es geht im Leben nicht immer darum, dalles zu überwinden. Es geht darum, zu leben. Mit allem, was mir dieses Leben bringt. Aber wir beide verstehen uns nicht. (lacht) Wir reden so aneinander vorbei. Das ist auch interessant: Zwei Menschen begegnen sich und haben sich nichts zu sagen, weil du hast deine Wahrnehmung und ich habe meine. Deshalb macht dieses Gespräch für mich überhaupt keinen Sinn. Ich finde es auch nicht schlimm, aber es ist langweilig. Weil: Du gibst kein Signal von dir, ICH FÜHLE DICH NICHT. UND DU FÜHLST MICH VIELLEICHT NICHT. Für mich ist aber jede Sekunde meines Lebens kostbar. ICH WILL DIE MENSCHEN FÜHLEN, mit denen ich zu tun habe.
Dann beenden wir das jetzt?
Ja, würde ich sagen, echt. Ist auch nicht böse gemeint, aber das bringt nichts.

(Nena: Interview taz, Sept. '07)