Die Sache mit dem Sack: „repräsentative Organisation", Archivmanagement und Selbstermächtigung / "Wir leisten Arbeit am Sack!"



I. Immer sagt er: Wir haben da noch was in Petto! (im Hinterhalt, im Archiv, im Sack usw.) // (Oder der Hodensack als Gral, wie Christoph Schlingensief sinniert... / und ob die Linie quer drüber nicht ein Anzeichen dafür sei: dass dieser Körper doch aus zwei Hälften bestehe. Und die USA seien im „Zwillingswahn“: die hätten alles zweimal, eben auch Twin Towers, aber keine eigene Geschichte, sagt er.)

II. Den Sack zu machen: Karen ist unsicher: ob sie heute noch zu Wort kommt? (Sie lebt in einem Akademikerinnenhaushalt, der vermintes Gebiet ist, seit der Bösendorfer kaputt ist; ein akkurater Flügel! – Auch solche Kämpfe müssten ausgefochten werden, sagt Karens Mutter, oder ihre Therapeutin. Wenn wir "unser Wohnverhältnis politisieren" wollen, dann nur mit einem Kreuzverhör: konsequent! = Ally McBeal!)

III. Die Männerphantasien schreiben die Vor/Nach/Zwischenkriegs-Romane, alle Romane, Archive, Bibelstellen: (oft) eine Litanei der Eitelkeiten; und der Potenz. // z.B.: Jemand trifft eine Frau, soll sie treffen; sie ist „schön“ - in der Erinnerung, nein, sie ist: „ein schönes Mädchen“. Ein Wink des Schicksals (= der verdoppelte Gral nach oben hin; der Blitz des Zeus – wird auch ausgefahren; waltet, richtet; ist „produktiv“...) hat ihm das Mädchen in seine Kanzlei (er ist Anwalt! [- sie: ist schön]) geschickt; und er: hofiert, lädt ein, fackelt nicht lange. /
Wir entern die Szene: ER wartet auf SIE (... seine Vorsätze sind sexuelle):
„Indessen war es nur so, dass sich seine Vorsätze, wenn er welche gehabt haben sollte [er hatte], (...) durchweichten [weich/hart; Aggregatzustände... von Vorsätzen?!] und dass er, je näher er dem ersehnten Endziele [Koitus] kam, um so heftiger wünschte, sie würde gar nicht dasein, zumal der Vorrat seiner Worte [der Vorrat im Sack] durch einen RISS IM SACK SEINES ERINNERNS ohnehin unterwegs verlorengegangen und nicht wieder auffindbar geworden war.“ [Albert Drach: "»Z.Z.« das ist die Zwischenzeit" / 1968]

Wenn das Endziel nicht erreichbar ist, fragt er zurecht: warum dann noch Sätze machen, „Worte“? – Der Sack ist sprachlich verfasst: er ist ein Archiv der Endziele (eine Liste der Gehabten, Nicht-Gehabten [Frauen], der verhinderten, selbstgemachten, schlecht-gelaufenen „Endziele“...). Wenn der Sack reißt, hat er keine Lust mehr: kann er auch nicht; also: wenn er nicht kann, dann will er auch nicht. Und ist einmal ein Vorsatz (Vor-...) durchweicht, dann ... usw. usf.

IV. Dem Archiv verschrieben: „In einem Archiv darf es keine absolute Aufspaltung, weder Heterogenität noch ein Geheimnis (sécret) geben, das auf absolute Weise eine Abtrennung (secernere) oder Absonderung herbeiführen würde.“ /
Und: „Keine politische Macht ohne Kontrolle des Archivs, wenn nicht gar des Gedächtnisses. Die wirkliche Demokratisierung bemisst sich stets an diesem essentiellen Kriterium: an der Partizipation am und dem Zugang zum Archiv, zu seiner Konstitution und seiner Interpretation.“ [J. Derrida: Dem Archiv verschrieben. Eine Freudsche Impression. / Mal d’Archive]

Zugang also auch zur „Interpretation“ des Archivs: Der Sack der Erinnerung hängt irgendwo dran: Wenn der Sack der Gral ist, dann ist er etwas to come, (m)ein Sehnsuchtsobjekt, nicht in meiner Hand, in einem fernen Land, irgendwie exotisch, fremd; dort hängt er.
Die Interpretationsarbeit am Archiv muss heißen: die Texte umschreiben. (= sie „demokratisieren“ / heterogen machen...)

V. Repräsentative Organisation. Die Werbewelt sagt: „Wer sagt, dass klare Strukturen langweilig sind? Dass Arbeit und Vergnügen nicht zusammen passen?“ – Tommy ist ratlos; er wollte nur mal eben eine Firma gründen: und schon muss er sich (selbst) neu organisieren. Seine Verwandten sagen: hättest du wissen müssen... / Tommy denkt: wenn meine neue Liebe Vergnügen ist, und meine „repräsentative Organisation“ Arbeit, dann passt nichts mehr zusammen. Der Knoten in meinem Kopf hindert mich an meiner Selbstermächtigung. Und: Wenn Selbstorganisation eine Hugo Boss-Inneneinrichtung bedeutet, dann: bin ich raus.