AMANDA MON AMOUR



[aus der frivol-frankophilen »Geschichte der Eitelkeiten« / Erstes Buch]

[aus dem Französischen v. Johnny Heesters]


Der kanadische Grenzschutz kam klasse generös rüber: „Keine Sorge, bei uns können Sie null problemo ungeschminkt einreisen, …“ – [Blick in die Dokumente] – „… Madame Chatelier!“ – Amanda fand das geradezu atemberaubend und verfluchte postwendend Land, Leute und Lokalmatadoren: Mein Teint ist so keimfrei, da kannst du essen von, du... … KNALLTÜTE! – – /

Amanda kam hierher, als freundliche Erscheinung, in vollem Besitz ihrer Rechte, Hypotheken, Blutspendeausweise. – Als nicht minder konfliktbereite Französin scheute sie allerdings (insbesondere) nicht davor zurück, Kanada als komfortable französische Kolonie zu begreifen. Wer uns spricht, den sprechen wir!, kam da als Parole vor, in den Annalen eines ins echte Jetzt hinübergeretteten 19. Jahrhundert-Imperialismus, und: Wir schicken auch unsren franko-karibischen Freunden und –innen ihre Wahlkarten rechtzeitig; JA-RECHTZEITIG-WAS-DENKT-IHR-DENN? Ich war zwar noch nie auf Saint-Martin-Pi-Pa-Po, werd‘ da auch nie hinkommen, will da ja auch überhaupt nicht hin, weil: was soll ich da?, DENNOCH ABER UND NICHTSDESTOTROTZ ist mein Herz da, wo mein … [??] … ist. / Ende der Durchsage.

Amanda empfand die Schmink-Causa in der Stunde ihrer stärksten Empfindung nicht als Angriff auf ihre Person, auch nicht als grotesk unzeitgemäße, chauvinistische INFAMIE, sondern glasklar als Kriegserklärung an LA NATION! – Die Gründe dafür lagen im Verborgenen bzw. in Amandas Kindheit: Papa zwang (nein, falsch: bat seine Kinder höflich), jedes einzelne WEEK-END mit der – gleich stramm gestanden wie gesungenen – Marseillaise einzuläuten, oder zu klingeln ( – „nur um ein Beispiel zu nennen“, für Daddys Regime). Amandas Bruder war da immerhin stahlhart im Nehmen: Weil der Indianer keinen einzigen Schmerz kannte, fiel das Leid als metaphorische Lawine auf Amanda ab, die es peu à peu auf den internationalsten Märkten dieser ebenen Erde gegen einen sog. NATIONALKOMPLEX eintauschte. Bald stand die ganze fehlgeleitete Fernseh-Lacan-Schule bei ihren Eltern auf der Matte: Wollten alle bloß mal für ein Stündchen oder zwei allein sein, mit der pubertierenden Ausnahme-erscheinung, um schließlich UND ENDLICH im Feuilleton zu landen, oder im gut sortierten psychoanalytischen Buchhandel. – In der Kurzversion: Amanda fand sich wieder in „La Nation d’Amanda – Un amour compliqué, un complexe amoureux“, einem Schmöker im weinroten Weihnachtseinband. – Amanda sah die Sache seriös: Als publizierte, feld-/aus-geforschte Person bin ich ein Teil von mir; OKAY.





[DEMNÄCHST: Die Mascara-Chroniken]