Bezeugend, dass: die Haut alabastern war & die Prada-Tasche
gefälscht – auf die gute Art. / Die Hand geht immer dorthin, wo der Mund ist
– u. dort lacht sie zärtlich, bloß nicht überschwänglich. – Meine Güte, sie
lacht Gesichter aus Vorderasien, aus unbekannten Provinzen, aus Vierkanthöfen,
aus einer Jugend – DURCH DIE KEIN RISS GEHT. --
[Ich sah sie unverkrampft.]
Aus dieser, ihrer Haut, sagst du, lasse sich rein gar
nicht ableiten – & ich stehe vollkommen perplex vor dir, wie du das sagst, & sie hingegen kramt in der Prada----- / Sinnlos, noch zu fragen nach der Herkunft dieser
Geste – das ist doch keine.
In dem Land, aus dem ich
einst kam, trugen wir Hüte so groß wie Sonnenschirme und fassten uns an die
Wangen.
[Oder sie liegt im Tigerpelz ein wenig nackt vor dem
Foto-Kamin (aus Karton) und ihre alabasterne Haut (fettfrei) leuchtet in die
Linse & ich rufe ihr zu (ein wenig keck): ein bisschen nach links, meine
Süße, ein bisschen nach links, ja, so ist’s gut, bleib so – ja, genau so!]
Ich nannte sie Georgina. (so hieß sie sicher nicht). – Als ich
ihr ins Gesicht sah, hatte das keine einzige Konsequenz. // wie ich allerdings unter ihren
Rock krieche u. sage: ich lebe nur nachts, Georgina, du scheinst mir
VERANTWORTUNG zu tragen – ich gebe dir, was ich habe. (alles) ||
Okay, sage ich, sie hat vielleicht 2, 3 Persönlichkeiten... Wenn sie Schwarz trägt, ist sie Georgina aus Kasachstan.
Das wolle sie wiederum nicht so einfach hinnehmen;
hingebungsvoll widerstand sie dieser Theorie: Ich gehʼ da nicht mit – ich leiste
mir ganz andere: Entgleisungen. (Niemand war allerdings so steif wie genau sie:
wir hielten das locker aus.)
SIE: aber wir sprechen jetzt doch von Georgina und ihrer
unvergleichlichen Schönheit, oder nicht?
ICH: Georgina trug ein Kopftuch, das schwarz war; und
darunter verbarg sich das Haar einer ganzen Generation.
[ICH IN Gedanken: Ich muss mich hüten!]
Aber ich dürfe da keine (Begehrens-)ansprüche formulieren,
sagt sie, ich perpetuier(t)e einen hegemonialen Zugriff auf Georgina, wie sie
wie eine Königin im Bus sich an der Stange anhält wie am Zepter.
[ICH:] ich wisse das schon, ich wisse das.
II.
ich kam zu keiner einzigen Erkenntnis: Die Blume in mir wie ein Dornenkranz / Verlass nur den Ort nicht mein
---- [Reim fehlte]
Dachte: man muss immer scherzen, ständig müsse man scherzen, so gar nicht aufgelegt zu Scherzen war ich z.B. neunzehnhundertsechsundneunzig,
als ich erfuhr, dass die Mauer gefallen war – Welt ohne Draht! – & wie hätte ich
das auch wissen sollen / oder: wir haben doch von nichts gewusst – das könne
man sich doch heute gar nicht mehr vorstellen ----- |
Wie drehte sie ihre Runden, werden sie fragen, wie schlug
sie tot ihre Zeit? – und an genau dieser Stelle werdet ihr euch ins spiel
bringen, werdet euch einschalten, mit euren ganzen öden theorien, mit euren
geheimnislosen nachrichten, mit denen ihr immer mehr sagt, als ihr wisst: Sie
war eine trübe Person – man wusste bei ihr nie, woran man war, im Grunde wusste
man gar nichts. (und so fülltet ihr das 45minütige Radiofeature über mich mit
nichts als heißer heißer Luft.) – sinnlos, euch das vorzuwerfen.
III.
Georgina hieß nun Estella: trug ihr Haar offen und die Schultern
unbedeckt. Die Wildheit (der Mähne) stand ganz im Gegensatz zu ihren sanften,
angenehm gebremsten Gedanken: sie war das zweischneidigste Schwert; legte ihren
Arm um meine Hüfte u. begann seltene Dinge zu sagen, furchtbar seltene ausgesuchte
klingende Namen [usw.]
Später erzählte sie 3, 4, 5 Gerüchte über unangenehme
Männer: Erzählte von deren miesen Zahlungsmethoden u. zerkratzten Rücken,
Nacken, Schenkeln, von den
haarsträubenden Ferkelein, die sie mit sich angestellt wissen woll(t)en
– & ich zuckte mit keiner Wimper, allein um sie ein wenig, ein klein-wenig nur zu beeindrucken
– all das half keinen Deut: Sie hatte die Welt geseh’n.
Martha, sage ich zu ihr, wie willst du deinen Namen tragen –
voll Stolz oder voll Hohn? | Sie lachte ganz häschenhaft in mein Dekolletee und
verfluchte meine ollen doofen dummen Fragen – nun gut da hatte sie recht. /
[Ich
verzweifle nicht an deinen schlechten Manieren, Neandertaler, ich verzweifle
an deiner schieren.. Existenz; wir beide müssen uns vereinigen, um dich zum Verschwinden zu bringen..., weißt du das?]
Okay, das war nur ein Traum, den ich einschob, um –
verzweifelt genug – mich interessant zu machen. Estella fand das süß, Martha
nur peinlich. – Die beiden hatten wenig gemeinsam, außer einem FALTENFREIEN
GANZEN.
IV.
Wir kamen zusammen eines schönen Sommertags – ja, das
stimmte. / Wir sahen gemeinsam Filme mit der Art von Erotik, die uns gefiel, u.
schnitten ständig Stücke vom Schinken. Wie wir uns gegenseitig damit fütterten,
das war schon ----- ungeheuerlich. / Unsere Ruhe störten einzig unsere heftigen Stimmungen; wir
empfanden alles so unfassbar intensiv, dass wir großteils
urplötzlich durchknallten. Auch das war unsere Art.
Wie spät, wie spät, was hat die Uhr geschlagen?? –
Ich saugte an einem Knie, vielleicht das beste Knie des Jahres (was ich mir freilich laut auszusprechen versagte, den anderen Knien zuliebe...). Zwischen mir und dem
Knie war nichts mehr, wir hatten die Distanz abgeschafft – auch keine geringe Leistung,
& wir lobten einander in kurzen Abständen dafür. -- / Ich – wie ich den Kopf
des Knies frage, was er unter der Kappe trage: einen verführerischen Perlohrring?? –
Keine Antwort. | Ich – wie ich verzweifelt um Aufmerksamkeit buhle und dabei
unverhofft das Knie beleidige; ich bin untröstlich, herrlich eingesuhlt wieder
/ schon wieder / in eine grenzenlose Blödheit, die für sich spricht. – Himmel,
denke ich, das ist eine Art zu leben, die mich nicht beherrscht; ich bin sogar, oder wäre ich?, wäre ich dank-bar,
wenn ich das über die Lippen brächte? –
Ihre Antwort: ja, vielleicht. (und ich Dummerchen hatte
gedacht, ich hätte das eben nur gedacht, nicht gesagt -- & so täuschten wir
uns.)