variiere
den satz. gib eine auskunft. naja eine wortspende wenigstens. okay. – so stelle ich mir haims anweisungen vor. seine befehle. ich kann mir eine situation
vorstellen, in der haim laut wird, anleitet, aufgibt, droht – und auf alle
unsympathisch wirkt dabei: außer auf mich.
eine stunde lang lese ich über müdigkeit. ich lese die gar nicht
steile these, dass unsere müdigkeit (ja unsere, denn die tiere, sie kennen sie nicht) ein kleiner protest sei, ein widerstand, eine friedensstiftende maßnahme.
ich
will dieses buch als gegenstand schätzen, als etwas, das eckig ist
und manchmal gefleckt und diese flecken an ganz besonders
passenden stellen zu tragen scheint. das buch über müdigkeit allerdings schert hier aus.
das buch über müdigkeit gleitet aus der hand durch die glattheit, die es nach
außen bringt, ja vertritt; es geschieht meines wissens ganz einfach und vielleicht
ungewollt. ist das so? das buch über müdigkeit hat außerdem die eigenschaft, im regal
schneller zu verschwinden als andere. es macht sich klein und verzichtet auf
nachbarschaft zu größeren, großen. vielleicht ist diese bescheidenheit mir
angenehm. vielleicht könnte ich sie schätzen lernen, und dies übertragen auf
menschen gar. naja vielleicht. und sicherlich nicht: auf alles, was haim
betrifft.
ich
beginne mit meiner imitation, einer gut gemeinten persiflage, ich
weiss noch nicht genau, ich beginne zu dozieren. wie haim. er sagt: was zu
wissen lohnt. und was nicht. wem wir trauen, welchen sachen. wo wir ein tabu setzen (wie einen grenzstein, einen schranken): die position gemeinsam aushandeln. beschließen zu glauben fast wie an
religion. es lustvoll missachten andererseits.
haim sagt, er könne eine provokation erkennen, wenn er sie sieht, sie hört, wenn sie ihn angeht. er sehe dann, nein, er würde dann sehen auf mich wie auf malerei, die gemalt ist mit aberwitzig breitem pinsel: grobschlächtig. das ein wort, wie es haim ansteht. eigentlich gutschlächtig.
haim sagt, er könne eine provokation erkennen, wenn er sie sieht, sie hört, wenn sie ihn angeht. er sehe dann, nein, er würde dann sehen auf mich wie auf malerei, die gemalt ist mit aberwitzig breitem pinsel: grobschlächtig. das ein wort, wie es haim ansteht. eigentlich gutschlächtig.
was
zu wissen lohnt, und was nicht, verdrehe ich jetzt, spreche ich jetzt, so wie haim spricht
normalerweise. dieses wissen, palavere ich, kann am morgen anders aussehen als
in der abenddämmerung. kann das sein? und in der nacht erscheint es als dunkler
punkt, möglicherweise. oder als rotweinfleck. oder als mysterium. – würde ich, höre ich haim sagen, nur
einer einzigen wirkung hinterherjagen, ich würde..., tue ich aber nicht. stattdessen viele wirkungen: will sie gar nicht zählen. diese wirkungen
sind ihrer absicht nach wie ein licht mit spektren. und diese kunst macht blickweiten, horizonte, dimensionen. sie macht sie, mit händen. ganz praktisch. sie macht sie morgens. und sie macht sie nachmittags, abends, mittags,
nach dem schlaf und vor dem schlaf. sie macht sie, dies steht ausnahmsweise
fest, so oft wie möglich. ihre ansprüche will sie dabei so groß, so
hoch, so meilenlang und weit ansetzen, dass alles im vergleich zu diesen
ansprüchen klein und miserabel und geschrumpft aussieht, so erscheint. im verhältnis zu solcher größe also, höre ich haim sagen, wird alles klein, was nicht
orientiert ist an ihr. nicht im verhältnis steht zu ihr. sich nicht in
stellung bringt in einem verhältnis dazu.
manchmal,
kappe ich diese satzfolge nicht zu unvermittelt, ja manchmal wirkt
eine geste stärker als eine kräftige antwort. wie immer aber kann für haim das gegenteil gelten. wenn ich
zum beispiel daran denke, wie er aussieht, wenn der sein notebook zuklappt, wenn
ich mir vorstelle, wie er seine tasse ein letztes mal auf den tisch fallen
lässt, ja runterrattern lässt beinah, und wie all diese bewegungen, gesten eben niemals den
abschluss geben, den vorhang. wie haim danach nämlich immer noch weitermacht, weiterredet: als
würde die geste noch entlarvt werden müssen als theaterhumbug zum beispiel, als
würde damit stets mitgesagt sein müssen: so endet keine szene, weil keine szene
überhaupt je endet (aber vor allem nicht so). weil wir immerhin eines wissen: so kleinlich ist unser leben nicht, so verbiedert nicht, so verhärmt nicht, so weich nicht. nicht so leicht.
wie
überall zählt auch hier, beim sich-zur-wehr-setzen gegen dürftigkeit, nur:
erfolg, ein knackiges ende, ein feststellbarer gewinn. daher kommt es, dass haim laut grüßt jetzt, und als hallodri dazukommt zu einem an sich schon großen hallo: es ist ein schattenboxen so schattig dunkel schummrig wie ein spaziergang im wald als suspense: wir berühren ecken und kanten und stämme und wurzeln dabei hauptsächlich: weil wir über sie stolpern -- / (arbeitstitel: stolpernde gefährten)
erfolg, ein knackiges ende, ein feststellbarer gewinn. daher kommt es, dass haim laut grüßt jetzt, und als hallodri dazukommt zu einem an sich schon großen hallo: es ist ein schattenboxen so schattig dunkel schummrig wie ein spaziergang im wald als suspense: wir berühren ecken und kanten und stämme und wurzeln dabei hauptsächlich: weil wir über sie stolpern -- / (arbeitstitel: stolpernde gefährten)