donnerstag, 2. april 2020, 8:15


liebe schwestern,

ich gebe allseits anlass zur sorge, ja die angestellten hier sehen verängstigt zu mir herab: wessen träume vergifte ich mit meinem kümmerlichen siechen? an wessen praller lebenskraft sauge ich eigentlich, wie am lutscher aus wassereis? –––
jetzt heißt es abwägen und das ende des zauderns herbeiführen, koste es, was es wolle, ja möge es auch in knechtend-schmerzvoller aufbäumung geschehen!

indes:
in dem moment, da ich dies zu papier bringe – naja auf die karton-innenseiten der größeren der sieben medikamentenschachteln kritzle –, weiß ich: dass ich noch immer die abschweifung suche, die möglichkeit, mich aus meinem schicksal zu stehlen. ist es uns humanos gegeben, in ironischem treiben, im kalauern, im seitenblicke-werfen auf das unnötigste, das zweitrangigste, das am wenigsten entscheidende unseres daseins, ja GERADE DARIN & DADURCH ALSO ein ausweichmanöver anzuzetteln, wenn der moment der äußersten zuspitzung naht? wenn er droht, wenn er absehbar ist und nah, wenn er unzweifelhaft sich ankündigt? jener moment, den wir liebevoll-dreist den „moment der entscheidung“ gewöhnt sind zu nennen? – ich will mich nicht einlassen, will mich nicht versteigen zu einer anthropologie vom format einer toastscheibe, darum belasse ich es bei ebendieser schmalen überlegung als andeutung, die in sich siech ist: wie alles.

ich kehre zurück. ich kehre um.
eins zwo drei vier:
[pause]
»DIE TAGE WERDEN ENGER«


ja!?, frage ich, sind wir denn die geister, die stets verneinen? oder schauen wir DOCH NOCH sehnsuchtsvoll, vielleicht lose-lüstern auf das schwingen der baumäste, der blätter im wind? erschaudern wir noch – beim anblick der vielen farne, in ihrer art und anmutung so unterschiedlich, dass uns die eigene uniformität, die eigene schalheit schmerzlich bewusst wird? wollen wir uns besprenkeln lassen vom frühlingsregen, der uns anregt, sind auch längst schon vier fünftel unseres lebensgeists erloschen? – die antwort hat der zeichen 7, sieben: »aber ja.« oder ihrer elf, 11: »aber ja doch.«

und so rühren mich jene, die mir mitleidig die birnenstücke eingeben, und ich rühre sie, denn zwischen uns besteht noch die verbindung, die unsere unvermeidliche biologie bis zuletzt stiftet: ein dünner faden, ja!, doch ein faden allemal, solange ihn nicht durchtrennt die macht der mächte – oder eure zweifelhafte gefolgschaft. gebt mir jetzt – denn wenn nicht jetzt, wann dann?! – ein zeichen eurer rührselig-dialektischen verbundenheit zu mir, in der an- und abstoßung, anziehung und ekel sich bündeln, paaren, eingehen eine schlüpfrige liaison!

gebt mir dieses zeichen!

... oder gebt mir schamlos keins,
wenn ihr spielt auf mir wie auf dem letzten klavier
wenn ihr mich in die finger kriegt wie die noch-tote gliederpuppe
– die erstarkt, ersteht erst durch eure bewegung –
wenn ihr mich fallen lässt wie zerschlissene blusen.

gezeichnet
euer
ric-c-cardo